Man sieht sich immer zweimal ...

Ich habe während der letzten Monate alle Geschichten der T(H)UMORVOLLEN gelesen. In jeder Geschichte finde auch ich mich wieder. Vieles, das bereits geschrieben und veröffentlicht wurde, gleicht auch meiner Geschichte. Trotzdem möchte ich euch allen auch ein bisschen Einblick in mein Empfinden und Wahrnehmen der Diagnose, Krankheit und dem „Zurück ins Leben“ nach dem Krebs geben. Meine Zeilen entstehen während meiner Reha in Althofen in Kärnten.

 

Das Jahr 2014 begann für mich mit der Diagnose eines DCIS, einer Operation und Bestrahlungen. Bereits vor Ostern ging ich wieder meinem Job nach, stolz auf mich, dass ich alles ganz rasch und problemlos über die Bühne gebracht hatte. Auch psychisch ging es mir gut. Als Dank und Belohnung an mich selbst, gab es eine Radpilgerreise vom Reschenpass nach Rom, jeden Tag dankbar dafür, dass es mir so gut geht.

An eine Erkenntnis aus dieser Zeit halte ich mich bis heute strikt: Keine Arztbesuche und Kontrollen mehr im Advent. Daher finden meine Kontrollen seit damals immer im Jänner statt. So auch 2021: Ein paar kleine Markierungen mit einem Eddingstift auf meiner Brust und schon bin ich wieder Passagier. Mammographie – Ultraschall – Biopsie – Befundbesprechung – Operation – Therapieplan. Ihr wisst alle, was das bedeutet. Mit all dem positiv in die Zukunft zu schauen ist wohl unmöglich. Trotzdem habe ich immer den ersten Satz meines Mannes im Ohr, nachdem er von der erneuten Krebsdiagnose erfahren hatte. „Wenn das jemand schafft, dann du.“ Ein großer Teil ist geschafft. Körperlich habe ich mich sehr rasch erholt, psychisch sieht es anders aus. Mein Vertrauen an Heilung und mein Vertrauen, dass ich gesund werde, war anfangs nicht da, egal, was die Ärzte zu mir sagten. Ich dachte immer: „Hey Leute, ich bin der (noch) lebende Beweis dafür, dass euer Optimismus nicht immer angebracht ist.“

Ich habe viele liebe Menschen um mich, die mich bestärken, die mir helfen, die für mich da sind. Das Vertrauen aber, kann nur ich selbst wieder in mir aufbauen und daran arbeite ich und es wird besser. Hier auf der Reha lerne ich Menschen kennen, höre Geschichten, sehe Schicksale. Ich erfahre viel Positives und kann die Zeit nutzen, um ganz für mich da zu sein. Das hilft mir extrem. Mitte Mai werde ich wieder in meinen Beruf einsteigen und ich freue mich riesig auf meinen ersten Arbeitstag.

Die körperlichen Narben verheilen, trotzdem werden sie sichtbar bleiben. Die seelischen Narben verheilen auch, aber auch sie werden immer Teil meines Lebens sein. Ich nehme sie an, nehme sie mit, lasse sie zu, sie werden mein Leben jeden Tag ein kleines bisschen begleiten. Es wird Tage und Wochen geben, wo sie nicht präsent sind und Tage, wo sie mehr Raum einnehmen. Damit kann ich gut leben.