Die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung (Heraklit)

Hallo, mein Name ist Bruni Matt. Ich bin 58 Jahre alt, habe einen lieben fürsorglichen Mann, eine wunderbare Tochter samt Schwiegersohn und zwei süße Enkelkinder. Heute möchte ich euch einen Ausschnitt aus meiner persönlichen Geschichte erzählen.


Wie und wann hat mein Leben mit der Diagnose Krebs begonnen?
Im Juni 2018 habe ich, nach dem Duschen beim Eincremen, einen Knoten in der Brust bemerkt. Nachdem ich jährlich zur Sonographie gehe, und der letzte Termin erst einige Monate zurücklag, machte ich mir keine ernsthaften Gedanken. Zudem bin ich eine sportliche Person, achte auf meine Ernährung und habe nie geraucht; was soll es also schon Schlimmes sein? Mein Hausarzt meinte einmal zu mir: „Frau Matt, sie werden sicher 100 Jahre alt.“ Nur meine permanente Antriebslosigkeit und Müdigkeit haben mich irritiert. Aber dafür hatte ich eine schlüssige Erklärung, wurde mir doch erst im Mai die Schilddrüse komplett entfernt. Das geht eben nicht von heute auf morgen, bis die Dosierung der Medikamente richtig eingestellt ist. Also zuerst mal schön, gemeinsam mit meinem Mann, Urlaub machen und danach die Gynäkologin aufsuchen – so war mein Plan. Besorgt war ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich.

Ende August habe ich dann bei meiner Gynäkologin angerufen, die Situation geschildert und am selben Tag noch einen Termin bekommen. Von da an ging es plötzlich schnell, Zeit zum Nachdenken blieb nicht viel und trotzdem fragte ich mich, ob ich vielleicht doch schon etwas früher etwas unternehmen hätte sollen. Ich wurde zum Radiologen Dr. Schöpf überwiesen, der hat gleich einen Termin für eine Biopsie im Krankenhaus gemacht. Langsam wurde immer deutlicher, dass da wohl doch etwas nicht stimmt.

Am Dienstag, dem 04. September 2018 war der Termin zur Befundbesprechung. Die Ärztin erklärte mir sachlich, aber empathisch, wie meine Situation war und schickte mich anschließend für ein Gespräch zu Primar Dr. Sandbichler. Dieser informierte mich über den weiteren Verlauf der Behandlung und die positive Prognose. Zuerst Chemo um das Karzinom zu verkleinern, im besten Fall löst es sich komplett auf. Dann operieren und zum Schluss noch eine Strahlentherapie. Die Heilungschancen liegen bei 90-100%. Wörtlich meinte er damals in etwa: „Frau Matt, investieren Sie jetzt sechs Monate, für die nächsten 30 Jahre.“

Dies schien ein fairer Deal zu sein, wobei sich meine Optionen ja auch in Grenzen hielten. Zwei Tage später startete ich mit dem ersten Zyklus meiner Chemotherapie, bis kurz vor Weihnachten folgten noch fünf. Schon zwei Wochen nach dem ersten Zyklus fielen mir immer mehr Haare aus. Weil diese Situation für mich schwer zu ertragen war, rief ich meine Nichte, eine begabte, junge Frisörin, an und fuhr noch am selben Tag bei ihr vorbei. Dort ließ ich mir meine Haare, welche ich nie anders als lang getragen hatte, bis auf die Kopfhaut abscheren. In dem Moment wurde meine Erkrankung sichtbar.

Im Verlauf der Chemo gab es solche und solche Tage. Während es mir manchmal wirklich gut ging, gab es auch Tage, an denen es mir eine unmöglich zu bewältigende Aufgabe erschien, aufzustehen und mich zu waschen. In den besseren Phasen ging ich gerne raus in die frische Luft, einfach ein bisschen spazieren, den Kopf und den Körper auslüften. Im Januar wurde ich dann operiert und startete schon im März mit der Strahlentherapie in Innsbruck. Kurz vor Ostern war die Behandlung abgeschlossen und ich meinen Tumor los.


Was hat meine Erkrankung verändert?
Ich war ständig voll Tatendrang, eine sehr aktive Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben stand. Für kurze Zeit hat die Diagnose meinen Boden etwas ins Schwanken gebracht, auch wenn ich immer positiv und optimistisch war, was meinen Krankheitsverlauf betraf. Zudem wurde mir eine Art Zwangspause verordnet, es war einfach nicht mehr möglich meinem Beruf und meinen Hobbies im gewohnten Tempo nachzugehen. Aber heute habe ich die Rückkehr in meinen Berufsalltag geschafft und mache meine Arbeit wieder mit Freude.

Bekannte von Früher waren zum Teil recht überfordert mit meiner Krankheit – wenn ich sie auf der Straße traf, hatte ich manchmal den Eindruck, sie würden am liebsten die Straßenseite wechseln. Was spricht man mit jemandem in meiner Situation? Was soll man sagen? Ich hatte nie ein Problem damit, über meine Erkrankung zu sprechen, eigentlich hat es mir sogar recht gut getan, um damit umgehen zu können. Entfernte Bekannte, mit denen ich bis dahin kaum Kontakt hatte, stellten sich in manchen Fällen als die besten Gesprächspartner heraus. Zudem habe ich während meiner Behandlung und der anschließenden Reha neue Menschen kennengelernt, die mich bis heute noch begleiten.

Eine wichtige Stütze in dieser Zeit waren meine zwei Schwestern. Es verging kein Tag an dem sie sich nicht gemeldet haben um zu fragen wie es mir geht. Während meiner Krankenhausaufenthalte war meine „kleine“ Schwester eine tägliche Besucherin und wenn ich spontan Hilfe brauchte war sie zur Stelle.

Heute bin ich also krebsfrei, voll Tatendrang und sehr aktiv mit Kurzhaarfrisur – nicht viel anders wie davor, mir geht es sehr gut. Mein Freundeskreis hat sich noch um die eine oder andere Person erweitert und die Beziehung zu meiner Familie intensiviert. Natürlich war die Zeit der Behandlung psychisch und physisch sehr anstrengend und ich kam manchmal an meine Grenzen, aber sie war machbar. Hätte ich eine Wahl gehabt, hätte ich gern auf meinen Brustkrebs verzichtet, aber heute ist er Teil meiner Geschichte und es geht mir gut damit.