HELDINNEN – ein Gastbeitrag von Christina Brugger.

Heldinnen durchziehen die Literaturgeschichte, die Filmgeschichte, die Kunstgeschichte, urbane Legenden, Mythen und Sagen, sie sind fiktiv oder real, werden glorifiziert oder entmystifiziert. Alice im Wunderland ist eine Heldin, Wonder Woman ist eine, Sophie Scholl war eine, echte Heldinnen findet man im Kleinen und im Großen, J.K. Rowling ist eine Heldin, Billie Eilish auch. Und Pippi Langstrumpf, die ist eine Heldin, eine Abenteurerin, ein leuchtendes Beispiel für ein Mädel, das Heldentaten verbringt.


Diese Heldinnen haben viele Gemeinsamkeiten, ihre heroischen Taten und Gedanken zeichnen sie aus. Aber eines eint diese Heldinnen vor allem: Sie sind nicht krank. Und das ist der Knackpunkt. Denn wer Karoline Riml und ihre T(H)UMORVOLLEN kennenlernt, der lernt auf der Stelle eines: Vor allem findet man Heldinnen, reale Heldinnen, nicht solche aus Balladen und Liedern, dann, wenn das Leben ihnen etwas Einschneidendes vor den Latz knallt.

Das ist den Frauen, die den Verein „DIE T(H)UMORVOLLEN“ ausmachen, passiert. Kurz und knapp: Diagnose Brustkrebs. Schnauf. Das lässt sich nicht in Einklang bringen mit den großen Geschichten der unverwundbaren und unverwüstlichen Heldinnen der Weltgeschichte, ein kranker Held ist kein Held, denn er wird zum Menschen und einem Menschen fehlen ebenjene übermenschlichen Fähigkeiten, die ihn zum Helden machen. Oder?

Ganz im Gegenteil: Denn DIE T(H)UMORVOLLEN sind jene Heldinnen, die man schmerzlich vermisst in all den Erzählungen. Karoline und ihre Truppe einen nämlich diese Züge, die das klassische Heldenbild komplettieren: Mut, Wachsamkeit, Ehrlichkeit, Ausdauer, Hilfsbereitschaft, Solidarität, Loyalität, Willenskraft, Stärke, Kraft und Sensibilität. Wer diese Frauen kennenlernen darf, der merkt: Der Begriff Team beschreibt diese aufeinander zählenden und zueinander gehörenden Frauen genauso wenig treffend, wie das Wort Clique oder der abstrakte Name Verein. Ja, ein Verein sind sie, ja, sie haben sich gegründet, haben einen Kassier, einen Schreiberling, eine Vorsitzende. Aber sie sind genauso wenig ein Verein, wie Die Gefährten aus Der Herr der Ringe einer sind, oder die Justice League oder Die Weiße Rose. Sie sind ein bunter Haufen besonderer Menschen, mit einer Aufgabe, einem Ziel, einem Wunsch und einer großen Verantwortung. Diese Heldinnen, die man mit den T(H)UMORVOLLEN kennenlernt, haben sich auf die Kappe geschrieben: Gesund werden. Gesund bleiben. Und: Aufklärung betreiben! Brustkrebs soll kein Tabuthema bleiben. Lasst uns offen darüber reden. Wir müssen an Tischen zusammenkommen und über diese Diagnose genauso offen reden können, wie über Kinderwunsch, über Hochzeitsfotos, über Jugendsünden und Gesellschaftspolitik. Diese Heldinnen gehen mit leuchtendem Beispiel voran, sie zeigen: Nur weil man über ein Thema schweigt, wiegt es nicht weniger schwer. Diese Heldinnen haben Partner, sie haben Familien, sie haben private Wünsche, Träume, Sehnsüchte und natürlich (natürlich!) tiefsitzende Ängste, die sich ein Mensch ohne Diagnose nicht einmal auszumalen wagt. Diese Heldinnen müssen wir unterstützen, wir müssen zu ihnen aufsehen, wir müssen ihre Botschaften weitertragen und für sie einstehen.

Die Heldin der ersten Stunde, T(H)UMORVOLLEN-Vorsitzende Karoline Riml, sieht sich natürlich nicht als Heldin. Sie spricht über die belastende erste Zeit der Diagnose so ehrlich, so scharfzüngig und so direkt, dass man nicht anders kann, als sich in sie hineinzufühlen: So viele Menschen hätten ihr liebste Grüße ausgerichtet, Genesungswünsche. Sie hätten sie begutachtet, abschätzig gemustert, Kommentare abgegeben. Wieso? Weil man mit einer Diagnose, wie Karoline und ihre Heldinnen sie bekommen haben, den Stempel „krank“ und „Krebs“ auf die Stirn getackert bekommt, ein Unding. Die Krankheit macht doch nicht den Menschen aus, sie gehört vielleicht für eine Zeit zu diesem Menschen dazu, aber sie ist doch nicht ein unübersehbares Zeichen, ein Brandmal auf dem Körper dieser starken und unabhängigen Frauen! Ganz bestimmt nicht. Was diese Frauen auszeichnet, sind all jene Attribute, die seit jeher die Heldin kennzeichnen. Und wenn wir uns die Zeit nehmen und unseren Heldinnen zuhören, uns selbst die Chance geben, diese Botschaft zu verstehen und zu akzeptieren, dass es jede/n treffen kann, dass wir alle vielleicht irgendwann den Mumm brauchen, ein Held, eine Heldin zu werden, dann haben DIE T(H)UMORVOLLEN ganz viel von dem erreicht, was sie sich auf die Fahne geschrieben haben. Lasst die Heldinnen ihrer Wege gehen, lasst uns zuhören, lasst uns aufhorchen, lasst uns mitmachen und dem Tabuthema Brustkrebs endlich das zukommen, was es schon lange braucht: Echte Menschen, mit berührenden Geschichten, mit großen Geschichten und Schicksalsschlägen, die trotz ihrer Heldentaten vor allem eins bleiben: Menschen.